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Dieses Mal geht es um eine Kleinstadt, Rehabillitation und Kultur.
Im Juni 2019 hatte es mich aus gesundheitlichen Gründen nach Bad Hersfeld verschlagen. Bisher noch völlig unbekannt hatte ich während meines Aufenthaltes genügend Zeit mich mal mit dieser Stadt zu beschäftigen.
Kurstadt Bad Hersfeld
Bad Hersfeld ist mit rund 29.490 Einwohnern (Stand: 30.09.2016) eher beschaulich. Trotzdem hat die Kleinstadt für den Besucher einiges zu bieten. Zudem ist die geografische Lage in der Mitte Deutschlands ein klarer Standortvorteil der Stadt. Zu Zeiten der DDR war Bad Hersfeld in der Grenzregion des geteilten Deutschlands gelegen. Heute gibt es zum Glück diese Grenzen nicht mehr.
Die Stadt wurde 1949 zum Heilbad “Bad Hersfeld” erhoben. Grund sind die beiden Mineralquellen “Lulusquelle” und “Vitalisquelle”. Die Quellen sind stark Glaubersalzhaltig. In Bad Hersfeld kommt man um bei folgenden Erkrankungen eine Besserung zu erfahren: Leber-, Galle-, Magen-, Darm- und Stoffwechselkrankheiten, bei psychosomatischen Erkrankungen, bei Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates und bei Krankheiten des rheumatischen Formenkreises.
Direkt am Anschluss der Altstadt befindet sich ein für die größe der Stadt großer Kurpark mit Kurhaus und Quellpavillon. Im Quellpavillon (2008) kann von beiden Quellen getrunken werden.
Die Vitalisquelle ist ein fluoridhaltiges Natrium-Chlorid-Sulfat-Thermalwasser.
Die Lullusquelle ist ein eisen- und fluoridhaltiges Natrium-Kalzium-Sulfat-Wasser.
Der Kurpark ist etwa sieben Hektar groß und wurde 2008 komplett neu gestaltet und hat im selben Jahr auch die Auszeichnung als “Deutschlands zweitschönster Park 2008” ausgezeichnet. Ja, es ist sicherlich nicht der größte Kurpark, aber dafür wirklich schön angelegt. Schöne Wege. In der Mitte ein See und viele schattenspendende Bäume.
Festspielstadt Bad Hersfeld und weitere Veranstaltungen
- Bad Hersfelder Festspiele
Der kulturelle Höhepunkt des Jahres in Bad Hersfeld bilden die Bad Hersfelder Festspiele. Seit den 1960er Jahren finden die Festspiele statt. In der beeindruckenden Kulisse der Stiftsruine werden zwischen Juli und August jährlich unterschiedliche Aufführungen angeboten. Bad Hersfeld trägt daher auch den heimlichen Beinamen „Salzburg des Nordens“. Hier standen schon Klausjürgen Wussow, Mario Adorf, Volker Lechtenbrink, Götz George, Hannes Wader, Rufus Beck, Anouschka Renzi, Claude-Oliver Rudolph, oder auch Andreas Schmidt-Schaller auf der Bühne.
- Lullusfest
Es ist eines der ältesten Volksfeste in Deutschland und findet immer im Oktober statt. Es geht zurück auf den Gründer und Bonifatius-Schüler Erzbischof Lull. Gefeiert wurde das Fest nachweislich das erste Mal im Jahre 852. Seitdem findet es immer in der Woche statt, in welcher der Todestag des „Heiligen Lullus“ (16. Oktober) fällt. Seit 1038 läutet im Katharinenturm der Stiftsruine jedes Jahr zum Lullusfest die sogenannte „Lullusglocke“. - Weinfest
Jedes Jahr im Juli findet im Kurpark ein Weinfest statt. Dazu gibt es ein buntes Rahmenprogramm wie Musikbands etc.
Sehenswürdigkeiten in Bad Hersfeld
In der Altstadt gibt es rund 200 denkmalgeschützte Gebäude. Das Äteste Fachwerkhaus davon ist das Küsterhaus aus dem Jahre 1452. Bad Hersfeld liegt an der Deutschen Fachwerkstraße und der Kulturstraße des Europarates „VIA REGIA“. Im Mittelalter war sowohl der Stift als auch die Stadt ein bedeutender Handelspunkt an der Via Regia.
Die Stiftsruine
Die absolute Sehenswürdigkeit in Bad Hersfeld ist definitiv die heutige Stiftsruine. Der Mönch Lullus gründete 769 am Standort einer Einsiedelei ein Kloster. Kurz darauf wurde es von Karl dem Großen zum Reichskloster erheben. Zum Ende der Belagerung durch die Franzosen wurden die in der Stiftskirche gelagerten Vorräte 1761 in Brand gesetzt. Dabei brannte die komplette Kirche bis auf die Grundmauern ab. Heute gilt die Stiftsruine als größte romanische Kirchenruine der Welt (oder nördlich der Alpen, je nach Quelle).
Martin Luther
1521 hat übrigens Martin Luther auf dem Rückweg vom Reichstag in Worms Bad Hersfeld besucht und predigte auf Wunsch des Abtes am 1. Mai in der Stiftskirche.
Bei der Stiftsruine steht der Katharinenturm heute als freistehender Glockenturm. Er stammt vermutlich aus der Mitte des 12. Jahrhunderts. Heute hängt in diesem Turm nur noch eine Glocke.
Lullusglocke und die mittelalterlichen Stadtbefestigung
Die sogenannte Lullusglocke stammt aus dem Jahr 1038. Die Lullusglocke ist Deutschlands älteste gegossene Glocke. Geläutet wird Sie nur am Ostersonntag, Pfingstsonntag und dem 25. Dezember jeweils um 12:00 Uhr. Zusätzlich am ersten Sonntag zur offiziellen Eröffnung des Lullusfestes um 19:45 Uhr.
Ein Teil der mittelalterlichen Stadtbefestigung ist auch der Klausturm. Er ist einer von ursprünglich 12 Türmen.
Die evangelische Stadtkirche ist heute durch ihr barockes (Behelfs)Dach bekannt. Durch einen Brand wurde 1760 die ursprünglich gotische Turmspitze zerstört.
An der Stelle der heutigen Stadtkirche befand sich bereits ab der zweiten Hälfe des 11. Jahrhunderts ein romanischer Vorgängerbau. Dieser erreichte nach mehrmaligen Erweiterungen und Umbauten ab Mitte des 16. Jahrhunderts mit der Fertigstellung des Kirchturms die heutige Ausmaße.
Und dann gibts noch einige interessante Denkmäler und Museen.
Konrad Duden und Konrad Zuse Denkmal
Vor dem Katharinenturm stehen die beiden für Bad Hersfeld wichtigen Konrads: Konrad Zuse steht zur Linken Konrad Dudens.
Konrad Duden (1829-1911) war ab 1876 Direktor des königlichen Gymnasiums zu Hersfeld. 1880 veröffentlichte er in Bad Hersfeld sein wichtigstes Werk „Vollständiges Orthographisches Wörterbuch der Deutschen Sprache“. Später lebte er bei Wiesbaden aber wurde nach seinem Tod 1911 auf eigenen Wunsch im Familiengrab auf dem Hauptfriedhof in Bad Hersfeld beigesetzt. Im Kurpark steht dazu noch ein weiteres Duden-Kleindenkmal und es gibt ein eigenes kleines Duden-Museum.
Konrad Zuse (1910-1995) ist der Entwickler, Konstruktör und Erbauer der ersten funktionsfähigen Rechenmaschinen (Z1-Z4). Nach dem 2. Weltkrieg gründete Zuse in Neukirchen die Zuse KG, welche 1957 nach Bad Hersfeld verlegt wurde.
Das Mückenstürmerdenkmal
1674 sollen der Überlieferung zur Folge die Hersfelder an einem warmen Sommertag eine Rauchwolke über dem Kirchturm entdeckt haben. Viele Hersfelder bildeten daraufhin mit Feuereimern eine Kette bis hoch in den Turm hinauf um das Feuer zu löschen. Als sie oben ankamen sollen sie bemerkt haben, dass das vermeindliche Feuer lediglich ein großer Mückenschwarm war der um den Kirchtum kreiste. Daraus wurde dann der Sptzname für der Hersfelder: „Mückenstürmer“.
Die Skulptur „Das tapfere Schneiderlein“
Das tapfere Schneiderlein soll angeblich aus Bad Hersfeld gekommen sein und ganz in der Nähe der Stiftsruine gewohnt haben.
Das Lingg-Denkmal
Die Hersfelder sind bis heute einem Baden-Württemberger sehr dankbar das er ihre Stadt vor der Vernichtung gerettet hat. Nachdem die Hersfelder Bürger am Weihnachtsabend 1806 eine Delegation der französischen Armee gewaltsam aus der Stadt vertrieben hatten, erteilte Napoleon dem Badischen Oberstleutnant Johann B. Lingg den Befehl die Stadt zu plündern und anschließend an 4 Ecken anzuzünden. Lingg führte, nach einer Unterredung mit seinen Truppen, den Befehl jedoch nur wörtlich aus. Er ließ an allen 4 Ecken der Stadt ein belangloses Gebäude anzünden und rettete so, die Stadt vor Plünderung und Vernichtung. Ihm zu ehren ließen die Bürger zwischen dem Linggplatz und dem Stiftsbezirk ein Denkmal errichten.
Museum der Stadt Bad Hersfeld
In einem erhaltenen Klostergebäude der ehemaligen Abtei wird die Geschichte der Stadt und der Abtei erzählt. Im eheamligen Kapitelsaal finden zudem Ausstellungen statt.
Museum Wortreich
Ein Mittmachmuseum das sich mit der Sprache spielerisch beschäftigt. Die Ausstellung ist wie ein Buch mit 11 Kapiteln aufgebaut. Im Eingangsbereich beginnt der rote Faden. Die Geschichte Konrads wird von seiner Tochter erzählt, die die Besucher direkt nach dem Eingang in die Erzählung eintauchen lässt und sie anschließend begleitet. Ein Highlight ist eine originale Zuse Z22R Maschine.
Ausflüge rund um Bad Hersfeld
- Mit dem Fahrrad lässt sich die Umgebung sehr schön erkunden. So führt beispielsweise der „Radweg Deutsche Einheit“ entlang der Fulda an Bad Hersfeld vorbei. Auch der Hessische Radfernweg R1 führt hier vorbei. Er ist auch als Fulda-Radweg bekannt und ist rund 233 km lang.
- Erfurt ist nur 124 km entfernt und beispielsweise mit der Bahn in gut einer Stunde erreichbar. Mehr dazu…
- Eisenach und die Wartburg sind nur 75 km entfernt und in rund 45 Minuten mit der Bahn erreichbar. Mehr dazu…
- Weimar ist nur 138 km entfernt und in 1,5 Stunden mit der Bahn erreichbar. Mehr dazu…
- Fulda ist nur 45 km entfernt und mit der Bahn bequem in einer halben Stunde zu erreichen.
- Wer einfach entspannen möchte, kann das im Kurpark, an der Fulda oder auch im Freibad (50 Meter Bahn!).
Fazit
Bad Hersfeld ist ein tolle Fachwerkstadt und bietet sehr viele Freizeitmöglichkeiten. Optimal auch als Basis für Stadtausflüge (siehe oben). Zu den Festspielen muss ich jedenfalls auch noch einmal nach Bad Hersfeld kommen.
Anreise
Mit der Bahn:
Bequem mit der Bahn aus allen Richtungen mit dem ICE erreichbar. Abwechselnd fährt jede Stunde ein ICE aus der Richtung Frankfurt/Main bzw. Erfurt den Bahnhof Bad Hersfeld an. Ansonsten mit dem ICE bis Fulda bzw. Erfurt und von dort weiter mit der Regionalbahn bis Bad Hersfeld.
Mit dem Auto:
Direkter Anschluß an die Autobahnen A7 und A4 und Nahe der A5.
Mit dem Flugzeug:
Sollte man eigentlich vermeiden. Nächste Flughäfen wären Erfurt, Hannover oder Frankfurt.