Eigentlich wollte ich dieses Jahr Urlaub in Schottland machen. Zum einen reizt mich schon seit längerem die Landschaft und zum anderen natürlich möchte ich einmal die Heimat des Whiskys kennen lernen. Aber wie es nun mal mit Plänen so ist, oftmals wird daraus nichts.
Aber muß man deshalb gleich seine ganzen Pläne über den Haufen werfen? Nein, ganz im Gegenteil. Wie heißt es so schön:
„Wir können alles. Außer Hochdeutsch.“

Als eine echte Hochburg des Whiskys im Ländle kann man wohl das kleine und beschauliche Städtchen Owen (gesprochen „Auen“) nennen. Owen liegt am Fuße der Burg Teck direkt am Albtrauf. Hier beginnt die raue, Schwäbische Alb.
Owen liegt in mitten der mit 80000 ha größten zusammenhängenden Streuobstfläche Europas. Da dieses Obst optisch nicht immer einwandfrei ist hat man in Owen schon seit eh und je das Obst zum Großteil zu feinen Obstbränden veredelt.
So ist es nicht verwunderlich, dass es in Owen mehr als 30 Brennereien gibt. Oder anders ausgedrückt: Je 100 Einwohner Owens kommt eine Brennerei. Das ist Rekordverdächtig.

Insgesamt gibt es 170 Whisky Brenner in Deutschland. Davon allein rund 50 in Baden-Württemberg.
Angefangen hat in Owen die Destillerie Gruel-Tecker. 1988 wurde hier der erste Whisky gebrannt (der erste Deutsche überhaupt 1983). Der Schritt vom Obstbrand zum Whisky ist gar nicht so groß. Die drei Hauptprozesse Maischen, Gären und Destillieren sind identisch und können technisch sogar im selben Destillationsgerät hergestellt werden.

Zuerst wird das Getreide gemälzt, das heißt das Getreide wird zum Keimen gebracht. Danach wird das gemälzte Getreide zu Schrot grob zerkleinert um dieses dann zu maischen, also mit Wasser zu einer Art Brei zu vermischen. Diese Maische muß dann Gären bevor es dann zum destillieren geht.
Um per Definition ein Whisky zu werden muß das Destillat aus Getreide und Wasser mindestens zweimal destilliert werden und drei Jahre oder länger in Eichenfässern lagern.
Wenn man weiß wie ein Whisky hergestellt wird wundert es einen zuerst einmal schon wie die vielen unterschiedlichen Geschmacksnoten überhaupt zustande kommen. Für den eigentlichen Whisky Geschmack sind die Destillation und die Zutaten lediglich zu 30 Prozent verantwortlich. Hier schwören die einen auf besonderes Quellwasser, andere destillieren auf einem Feuer aus Torf und wieder andere nutzen nur ganz bestimmte Getreidesorten um hier etwas am Geschmack des Whiskys zu beeinflussen.
Die anderen 70 Prozent des Geschmacks werden durch die Fasswahl und Lagerung bestimmt.

Früher wurde der Whisky hauptsächlich im gleichmäßig klimatisierten Keller gelagert. Mit unter stammt daher noch die heute immer unwichtigere Angabe wie lange der Whisky im Fass gereift ist (z.B. „12 years old“). Heute weicht man immer mehr von diesen Jahreszahlen als Qualitätsurteil ab. Denn eine andere Lagerung verschafft in kürzerer Zeit praktisch denselben Geschmack. Man kann sich das so vorstellen:
In einem Keller der gleichmäßig temperiert ist benötigt ein Brand sehr lange um die Duft- und Geschmacksstoffe aus einem Holzfass zu lösen und so zu einem Whisky zu reifen.
Lagert man die Holzfässer dagegen in einem einfachen Lager können durch die Jahres- und Tageszeiten schon mal Temperaturunterschiede von 40 Grad und mehr erreicht werden.
Bei Hitze dehnt sich der Brand aus und drückt in die Poren des Holzes hinein. Wird es dann wieder kälter zieht sich der Brand zusammen und zieht dabei Farbe und Geschmack aus dem Holz heraus. Am Ende ist dadurch ein Whisky mit intensivem Geschmack und einer schönen Färbung entstanden.
Allerdings muß man bei dieser Art der Lagerung auf den berühmt berüchtigten „Angel Share“ achten. Da hier das Fass extrem atmet kann dies ein Verlust von bis zu 40 Prozent der Flüssigkeit bedeuten.

Der Whisky Walk beginnt in der Regel am Bahnhof Owen. So kommt man bequem ohne Auto in rund einer Stunde von Stuttgart direkt ans Ort des Geschehens. Dort wird man schon von der Whisky-Botschafterin Angela V. Weis aus Tübingen erwartet. Sie führt die Gruppe dann auf dem Whisky Walk und kann viel von Ihrem Wissen als Edelbrand-Sommelier weitergeben. Bevor es aber mit dem Whisky Walk los geht bekommt jeder Teilnehmer noch eine Umhängetasche in der alles Wichtige für die nächsten fünf Stunden beinhaltet ist: Tasting Karten, einen Kugelschreiber, ein Fläschchen Mineralwasser und ein original Schwäbisches Whisky Walk Glas.
Warum Schwäbisches Whisky Walk Glas fragt man sich? Eigentlich gibt es spezielle Nosing-Gläser um Whisky zu testen. Die Macher des Schwäbischen Whisky Walks haben aber an Anlehnung an das Schwäbische Viertele Glas eine spezielle Schwäbische Variante des Nosing-Glases entwickelt.
Nach ein paar ersten Worten geht es dann durch Owen zur ersten Destille, der Destillerie Gruel („Tecker“). Hier erklärt und zeigt Immanuel Gruel den Gästen alles rund um die Fasslagerung. Natürlich kommt dann das Tasting der beiden Tecker Whiskys.


Der Abschluss des Whisky Walks ist variabel. Zum einen kann man danach einfach wieder direkt zum Bahnhof und die Heimreise antreten, oder man bucht noch ein Whisky Menü im Anschluß dazu. Am besten dann mit einer Übernachtung bei einem der Biosphärengastgeber.
Fazit:
Mir hat der Whisky Walk sehr gut gefallen.
Die drei Whisky Destillen produzieren wirklich sehr unterschiedlichen Whisky. Dabei ist eigentlich fast alles zwischen rauchig und fruchtig. Lediglich torfig fehlt. Torf gibt es zwar auf der Schwäbischen Alb, darf aber schon längst nicht mehr abgebaut werden.
Mir persönlich haben die beiden „Tecker“ am besten geschmeckt.
Infos:
zum Whisky Walk gibt es hier: www.whiksky-walk.de
Tipps:
- Unbedingt den Whisky Walk mit einem Aufenthalt im Biosphärengebiet Schwäbische Alb verbinden!
- Schwäbischer Whisky Tag
Samstag, 11. Oktober 2014, Tübingen, 14 schwäbische Whisky-Destillen
Wem der Whisky Walk gefallen hat, sollte auch einmal Die Bodensee Whisky Tour machen.