<style>.lazy{display:none}</style>Fahrt mit dem "ADLER" Zug von Nürnberg nach Fürth - Reise Blögle
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Fahrt mit dem „ADLER“ Zug von Nürnberg nach Fürth

Der ADLER Zug Nürnberg. Reisen wie zur Pionierzeit der Eisenbahn. Eine Fahrt mit dem ADLER von Nürnberg nach Fürth.

Das ich gerne Bahn fahre ist ja kein Geheimnis. Vor allem als Reiseblogger genieße ich es bequem und entspannt mit der Bahn von A nach B zu kommen. Am liebsten sitze ich auf Reisen dabei in einem ICE 3 in der Lounge ganz vorne. Wenn man dann so über die Schulter des Triebfahrzeugführers die Reise mitverfolgen kann ist das für mich jedes Mal aufs Neue eine wahre Freude.

Seit nun über 30 Jahren reisen wir per Bahn mit Hochgeschwindigkeit. Von Stuttgart nach Berlin brauche ich rund 5:30 Stunden. 5:30 Stunden, in denen ich ganz gemütlich lesen, etwas arbeiten oder einfach nur relaxen kann. Und während ich so durch Deutschland rausche, bekomme ich fast nichts vom eigentlichen Bahnfahren mehr mit.

Historie des ADLER

Die Lokomotive

Zehn Jahre vor der Eröffnung der Eisenbahnlinie Nürnberg – Fürth wurde 1825 in England die weltweit erste Eisenbahnlinie zwischen Manchester und Liverpool eröffnet. Da es das fachliche Wissen über diese neue Technik bei uns zu dieser Zeit noch nicht gab, bestellte man eine Dampflokomotive bei den beiden britischen Eisenbahn-Pionieren George und Robert Stephenson. So wurde der ADLER (Lok Nummer 118) in der Lokomotivenfabrik Robert Stephenson in Newcastle (England) im Auftrag der Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft gebaut. Nach ihrer Fertigung wurde die Lokomotive in ihre Einzelteile zerlegt und in 19 Kisten verpackt und dann größtenteils per Schiff nach Nürnberg verschickt. Die Lieferung von der Insel kam nach gut acht Wochen endlich in Nürnberg an. Es dauerte zwei weitere Wochen, bis aus den Einzelteilen wieder die ADLER wurde. 

Da in Nürnberg bis dato noch niemand mit einer solchen Lokomotive umgehen konnte, wurde der 26 jährige, britische Techniker und Lokführer Willam Wilson für acht Monate vom Eisenbahnbauer Stephenson ausgeliehen. Zu seinen Aufgaben gehörte die Überwachung des Zusammenbaus der Lokomotive, sowie die Ausbildung örtlicher Lokführer. Danach sollte er eigentlich wieder auf die Insel zurück. Wilson allerdings gefiel es in Nürnberg und blieb den Rest seines Lebens in Nürnberg. Bis zu seinem Ruhestand stand er mit Frack, Zylinder und weißen Handschuhen auf seinem ADLER. Vielleicht war es aber auch das gute Gehalt, das ihn in Nürnberg bleiben ließ. Wilson soll 1500 Gulden pro Jahr verdient haben und damit mehr als der damalige Direktor der Eisenbahngesellschaft Platner.

Eröffnung der Eisenbahnlinie Nürnberg–Fürth

Am 7. September 1835 wurde die Ludwigseisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth feierlich eröffnet. Siebeneinhalb Kilometer Gleis schrieben deutsche Verkehrsgeschichte. Pünktlich um 8 Uhr morgens setzte sich der erste Dampfzug Deutschlands mit rund 200 geladenen Gästen in Bewegung. Nach rund neun Minuten war die spektakuläre Fahrt allerdings auch schon wieder zu Ende.
König Ludwig I. fehlte übrigens bei der Eröffnung. Er stieg erst ein halbes Jahr später in das neue Verkehrsmittel. Es muss ihm aber gefallen haben. Für die Rückfahrt bestand der König darauf, unter Volldampf in nur sechs Minuten nach Nürnberg zu fahren.

Delirium furiosum

Was für uns heute eher als “Schleichfahrt” gilt, musste für die damalige Menschheit eine purer Geschwindigkeitsrausch auslösen. Schon 10 Jahre vor der ersten Fahrt mit dem ADLER in Deutschland war die Sorge um das leibliche Wohlergehen groß. Als George Stephenson 1825 die erste Eisenbahnstrecke (zwischen Manchester und Liverpool) beantragte, holte das britische Unterhaus dazu ein Gutachten ein. Im Gutachten schrieb die Pariser „Académie des Science”, dass die schnelle Bewegung der Reisenden eine Gehirnerkrankung, das sogenannte “Delirium furiosum“, hervorrufen könnte.
Angeblich kamen vor der Eröffnung in Nürnberg ebenfalls Gutachter des Bayrischen Medizinalkollegiums zu der Meinung, dass eine Fahrt mit dem ADLER„bei den Passagieren die geistige Unruhe, “Delirium furiosum” genannt, hervorrufe.
Auch von einem „Eisenbahnrücken“ durch die damals noch sehr schlecht gefederten Waggons war immer wieder zu lesen. 

Planfahrt mit dem ADLER

Der ADLER fuhr zunächst zwei Mal pro Tag auf der Strecke Nürnberg – Fürth. Im Verlauf seiner Dienstzeit kam er später sogar drei Mal pro Tag zum Einsatz.
In der Regel fuhr der Dampfzug in rund 6 Minuten und mit einer Geschwindigkeit zwischen 28 und 35 km/h schnell in eine Richtung. Der billigste Fahrschein kostete sechs Kreuzer und der teuerste Fahrschein ganze zwölf Kreuzer. Im Vergleich dazu seien vielleicht die Kosten für ein Laib Brot von einem Kreuzer zur damaligen Zeit genannt. Also alles andere als ein billiges Vergnügen. Trotzdem war es ein erheblicher Fortschritt. Die Alternative waren die weiterhin verkehrenden Pferdewagen. Diese pendelten sechs Mal am Tag auf derselben Strecke. Zwar war diese Art des Reisens etwa nur halb so teuer, dafür dauerte sie aber auch doppelt so lang. 
Nach dem ersten Betriebsmonat gab es zusätzlich sogenannte “Schnellfahrten” zur Belustigung des hauptsächlich adeligen Publikums. Bei diesen Fahrten beschleunigte die Dampflokomotive auf bis zu 65 km/h. Die Fahrtzeit verkürzte sich auf nur noch sechs Minuten. Dafür kostete diese “Hochgeschwindigkeitsfahrt” aber auch stolze 50 Kreuzer. 

Neben der Personenbeförderung wurden auf der Ludwigsbahn natürlich auch Güter transportiert. Die Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft erwirtschaftete schon im ersten Jahr eine Rendite von 20 Prozent. Über zwanzig Jahre lang stand der ADLER im Dienst der Eisenbahngesellschaft. Nach seiner Ausmusterung wurde er 1858 verkauft. Was danach mit dem ADLER passierte, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Jedenfalls gibt es danach keine historischen Belege mehr. 
Die Erfolgsgeschichte der Dampflokomotive war nicht mehr aufzuhalten. Im Gebiet des heutigen Deutschland wurden mehrere Eisenbahngesellschaften gegründet und innerhalb von nur fünf Jahren etwa 500 Kilometer Schienen verlegt. Eine Meisterleistung, die man sich heute nicht mehr vorstellen kann. Heute besteht das Deutsche Schienennetz aus knapp 33.500 Kilometern (Stand 2022). Das klingt vielleicht viel, es sind aber etwa 15 000 Kilometer weniger Schienen als es noch vor 70 Jahren in Deutschland gab.

Noch heute fahren die meisten Bahnen in Europa auf der Spurbreite 1435 Millimeter, die Stephenson für den ADLER festgelegt hatte.

Der heutige ADLER

Der original ADLER von 1835 wurde 1858 verkauft und gilt danach als verschollen.

Zum 100 Jährigen Jubiläum wurde 1935 ein ADLER betriebsfähig nachgebaut. Dieser Nachbau fiel 2005 einem Großbrand eines Außendepots des DB-Museums zum Opfer. Die Überreste wurden im Dampflokwerk der Deutschen Bahn im thüringischen Meiningen acht Monate lang restauriert und wiederaufgebaut. 2008 nahm dieser Nachbau seine Fahrt wieder auf. 

1952 wurde von Auszubildenden ein weiteres Replik gebaut. Dieses steht heute im DB Museum in der Fahrzeughalle I und ist nicht fahrbereit.

Sonderfahrt mit dem ADLER

Ganz anders war das wohl zu den Anfängen der Eisenbahn. Alle paar Jahre, oder zu besonderen Feierlichkeiten holt das DB Museum Nürnberg einen Schatz aus dem Depot. Den ADLER Zug. Er ist ein Nachbau der ersten sogenannten Ludwigseisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth. Es ist zwar nicht die original ADLER Dampflok, sondern nur ein Nachbau, doch auch damit lässt es sich erahnen wie wohl eine Bahnfahrt vor 180 Jahren ausgesehen haben mag.
Am letzten Juni Wochenende war es wieder einmal soweit, dass Fahrten mit dem ADLER Zug zwischen Nürnberg und Fürth angeboten wurden und ich durfte dabei sein.

Es ist schon toll, wenn der ADLER langsam an einen gewöhnlichen Bahnsteig stampft an dem vor wenigen Minuten noch ein ICE hielt. Kaum steht der ADLER dampfend am Bahnsteig, füllt sich dieser mit Schaulustigen. Väter und Opas zeigen ihren Kindern oder Enkeln dass man früher so Bahn gefahren ist. Dabei werden die Eltern selbst wieder etwas zu Kindern hat man das Gefühl. So ein gewisses Leuchten in den Augen ist nicht zu verheimlichen.

Die Glücklichen, die eine Karte online beim DB Museum ergattern konnten, steigen in die drei gelben 3. Klasse Wagons. Ziemlich rustikal. Schmale Holzbänke, ein Dach überm Kopf, aber dafür weder Türen noch Fenster. Ich durfte zu einem der Bremser sitzen. Jeder Wagon hatte damals eine eigene Bremse, die von einem Bremser der außen am Wagon saß, bei Bedarf betätigt werden musste. Der Bremserplatz am ersten Wagen, direkt hinter dem ADLER Zug, ist natürlich ein Traum. Ein kurzer Blick vom Lokführer und der ADLER beginnt seine Reise.

Fahrt mit dem Adler Zug in 360°

Die Fahrten gehen mit dem ADLER Zug von Nürnberg nach Fürth, bzw. retour. Da der ADLER den normalen Fernverkehr aber nicht behindern darf und auch die Gäste etwas von der Fahrt haben möchte, wird in einem großen Bogen über den Rangierbahnhof Nürnberg gefahren. Die Strecke legt der ADLER Zug mit rund 30 km/h in einer guten Stunde zurück. Das hört sich jetzt nicht schnell an, aber wenn man in diesem Dampfzug sitzt und der Wind einem dabei um die Nase weht fühlt sich das doch auch ziemlich flott an. Die beiden kleinen Steigungen auf der Strecke hört man der Dampflok sofort an und man möchte ihr fast helfen die Ansteigungen zu überwinden, doch der ADLER Zug schafft das ohne Probleme allein.

Es ist wirklich ein Erlebnis! Ja, es hat fast etwas Meditatives wenn man die Landschaft so an einem vorbei gleiten sieht und dabei das gleichmäßige schnauben des ADLER hört. Vor 180 Jahren muss das wie ein Wunder gewirkt haben. Wer den Kopf während der Fahrt mal kurz raus gestreckt hat, oder wie ich auf einem Bremsersitz stand, der wird am Ende der Fahrt nicht nur mit einem strahlenden Lächeln die ADLER Fahrt verlassen, sondern auch mit etwas Russ im Gesicht.

Es war für mich ein großes Ereignis, dass ich so schnell nicht wieder vergessen werde. Wer jetzt auch Lust darauf bekommen hat, aber noch keine Karten hat braucht nicht traurig zu sein. Der ADLER Zug dampft immer mal wieder für die Öffentlichkeit.

Übrigens: Mit dem ADLER Fahrschein kommt man kostenlos mit der Bahn zu seinem Startbahnhof zurück und kann auch noch das DB Museum in Nürnberg kostenlos besuchen.

Herzlichen Dank an die Deutsche Bahn AG,
die mich dazu eingeladen hatte.

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2 Kommentare

Ander 30. Mai 2023 at 08:09

Hallo,

wie kann man Tickets kaufen? Ich finde es nicht heraus im Internet. Es wäre sehr hilfreich wenn Sie antworten können :).

Danke und liebe Grüße,
Ander

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André 30. Mai 2023 at 08:28

Hallo Ander!
Die Fahrten mit dem Adler gibt es nur ab und an.
So zum Beispiel im letzten Jahr zum „Tag der Schiene“ (16./17.09.2022)
Die Informationen findest Du dann immer auf der Seite des DB Museum Nürnberg.

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